Volatilität handeln
Der Handel von Volatilität gehört zur DNA des Optionshandels. Auch im Handel mit Binären Optionen
kann es aussichtsreich sein, auf starke Marktveränderungen unabhängig von deren Richtung zu
spekulieren. Es gibt allerdings einige gravierende Unterschiede im Vergleich zum klassischen
Optionshandel.
Volatilitätsstrategien im klassischen Optionshandel
Im Handel mit klassischen Optionen können die Strategen „Long Straddle“ und „Long Strangle“ zur
gezielten Spekulation auf Volatilität eingesetzt werden. Bei einem Long Straddle werden jeweils eine
Put-Option und eine Call-Option mit identischer Laufzeit auf denselben Basiswert am Geld eröffnet.
Dazu Beispiel, das aus Gründen der Vereinfachung auf Transaktionskosten verzichtet und
ausschließlich die Situation zu Fälligkeitszeitpunkt thematisiert. Der DAX notiert bei 10.000 Punkten.
Es wird eine Call-Option mit einer Laufzeit von einem Monat und einem Basispreis von 10.000
Punkten und eine Put-Option mit ebenfalls einem Monat Laufzeit und einem Basispreis von 10.000
Punkten erworben. Gilt 1,0 Indexpunkte = 1,0 € und ein Bezugsverhältnis von 1:1, könnte die Summe
der beiden Optionsprämien z. B. 800 € erreichen.
Long Straddle: Beispiel aus dem klassischen Optionshandel
Notiert der DAX zum Fälligkeitszeitpunkt bei 10.801 Punkten, erzielt der Inhaber des Long Straddles
einen Gewinn in Höhe von 1 €: Die Call-Option ist 801 € wert, die Put-Option ist wertlos. Dem
Gewinn in Höhe von 801 € stehen die Investitionen von insgesamt 800 € entgegen. Dasselbe Ergebnis
stellt sich bei einem Indexstand von 9.199 Punkten ein.
In beiden Fällen fällt der Gewinn des Trades umso höher aus, je weiter der DAX entweder oberhalb
von 10.800 Punkten bzw. 9.200 Punkten notiert – bei diesen beiden Kursmarken handelt es sich um
die Break-Even-Schwellen. Aufgrund dieser Eigenschaft werden Optionsstrategien dieser Bauart auch
als Volatilitätsstrategie bezeichnet. Zumindest bei steigenden Kursen ist der Gewinn theoretisch
unbegrenzt (bei fallenden Kursen ist die natürliche Obergrenze erreicht, wenn der DAX bei 0 Punkten
notiert).
Die Verluste sind auf den Einsatz begrenzt. Bei dem Kursbereich zwischen 9.200 und 10.800 Punkten
handelt es sich um eine Zone mit begrenzten Verlusten: Diese fallen umso höher aus, je näher der
DAX an 10.000 notiert. Werden beide Optionen zu einem Kurs von 10.000 Punkten abgerechnet, tritt
der theoretische Maximalverlust von 800 € ein.
Alternativ zu einem Long Straddle kann ein Long Strangle genutzt werden, der nach einem ähnlichen
Muster funktioniert. Allerdings entspricht der Basispreis zum Zeitpunkt der Einbuchung hier nicht
dem Marktpreis: Der Ausübungspreis der Call-Option liegt darüber, jener der Put-Option darunter.
Die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlustes erhöht sich dadurch, der erforderliche Einsatz verringert
sich dagegen, da beide Optionen zu Beginn aus dem Geld notieren und dadurch billiger sind.
Volatilitätsstrategie mit Binären Optionen
Ein Long Straddle bietet sich für den Handel mit Binären Optionen nicht an: Werden gleichzeitig je
eine Call-Option und eine Put-Option am Geld eröffnet, reicht die sichere Rückzahlung der einen
Option nicht aus, um den Gesamteinsatz für zwei Optionen zu amortisieren.
Möglicher Gewinn: Dieser ist bei Binären Optionen auf die festgelegte Prämie begrenzt und kann
diese nicht übersteigen. Eine Annäherung an Long Strangle-Strategien ist jedoch mit bestimmten
Optionstypen möglich.
Im Detail handelt es sich bei diesen Optionstypen um „at-hit-barrier“-Optionen, die bei den meisten
Brokern im europäischen Raum als „OneTouch“-Optionen bezeichnet werden. Eine solche Option
wird mit einer festgelegten Rendite zurückbezahlt, wenn der Kurs des Basiswertes zu irgendeinem
Zeitpunkt während der Laufzeit eine festgelegte Barriere erreicht. Diese kann ober- oder unterhalb
des Kurses zum Zeitpunkt der Eröffnung der Position liegen.
Wird die Barriere nicht berührt, verfällt die Option bei Fälligkeit wertlos bzw. wird zum Restwert
abgerechnet. Die Rendite einer OneTouch-Option hängt positiv von der Entfernung der Barriere zum
aktuellen Marktkurs und negativ von der impliziten Marktvolatilität und der Laufzeit des Kontraktes
ab.
Mit OneTouch-Optionen auf Volatilität setzen
Um auf starke Kursschwankungen in einem Basiswert zu spekulieren, werden zwei Optionen
erworben. Ein Beispiel: Die Aktie XYZ notiert bei 10 €, es wird eine OneTouch-Option mit einer
Barriere bei 11 € und eine mit einer Barriere bei 9 € erworben. Der Einsatz pro Kontrakt beträgt 100
€. Wird die Barriere einer Option erreicht, erfolgt die Rückzahlung zu 500 €.
Wird eine der beiden Barrieren erreicht und verfällt die andere Option wertlos, ergibt sich daraus ein
Gewinn in Höhe von 150%. Theoretisch können beide Barrieren nacheinander erreicht werden – der
Gewinn fällt dann mit 1.000 € bzw. 400% deutlich höher aus.
Vor allem bei kurzen Laufzeiten ist dieses Szenario allerdings ausgesprochen selten – weist eine Aktie
generell eine so hohe Volatilität auf, dass das Erreichen beider Barrieren dem Markt plausibel
erscheint, schlägt sich dies in der impliziten Volatilität und damit auch der Rendite nieder.
Im Unterschied zum klassischen Optionshandel existiert keine Zone begrenzter Verluste. Sofern der
Markt sich während der gesamten Laufzeit in einem Kursbereich von 9-11 € bewegt, kommt es zum
Totalverlust – unabhängig davon, wo genau innerhalb dieses Kursbereichs der Markt notiert.
Anlässe für Spekulation auf Volatilität
Die Spekulation auf einen deutlichen Anstieg der Volatilität verspricht die höchsten Renditen,
solange die Volatilität noch gering ist. Steigt die Volatilität an, verteuert dies die Optionsprämien,
was bei Binären Optionen des Typs „OneTouch“ mit niedrigeren Renditen gleichzusetzen ist. Doch
wie lässt sich ein deutlicher Anstieg der Schwankungen frühzeitig erkennen?
Die Technische Analyse kennt einige Kursformationen, bei denen auf eine stagnative Phase ein
Ausbruch erfolgt, dessen große Distanzen einen wesentlichen Anstieg der Marktvolatilität
herbeiführen und bei denen die Richtung des Ausbruchs grundsätzlich offen ist. Als Beispiele seien
horizontale Rechtecke, symmetrische Dreiecke, Mehrfach-Tops- und Böden usw. genannt.
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